"Jede echte Veränderung ruft Widerstand hervor"
Dr. Till Tolkemitt ist Führungs-Coach, strategischer Berater und Speaker. Der promovierte Volkswirt, Start Up-Gründer, Geschäftsführer und Autor wird am Samstag, 6. Mai, auf der Mainstage seinen Vortrag mit dem Titel „Dr. Change - richtige Entscheidungen treffen und erfolgreich umsetzen“ halten. Im Interview erzählt er, warum wir von Softwareunternehmen lernen können und wie man richtige Entscheidungen trifft.
Warum muss ich etwas ändern, wenn es doch eigentlich zufriedenstellend läuft?
Sie müssen überhaupt nichts ändern! Aber Sie müssen Ihr Ziel kennen. Ich nenne es Ihr „leuchtendes Ziel“. Denn dieses Ziel bringt Sie Ihrem Glück etwas näher - zu nichts anderem ist es da. Es ist Ihre Praxis und Ihr persönliches Leben und somit auch Ihr leuchtendes Ziel. Wenn Sie es kennen und schon erreicht haben - wunderbar. Aber ich behaupte, dass das bei den meisten nicht der Fall ist. Auf dem Weg zu diesem Ziel werden Sie wohl etwas verändern müssen.
Was ist notwendig, um einen Change-Prozess erfolgreich ans Laufen zu bringen?
Jede echte Veränderung wird Widerstand hervorrufen. Wenn es keinen Widerstand gibt, dann kann das nur daran liegen, dass die Veränderung nicht wirklich etwas verändert. Wir Coaches sagen: Change-Management ist Widerstandsmanagement. Und für dieses gibt es ein paar goldene Regeln. Exzellente Projektplanung mit modernen Tools zum Beispiel. Das ist Pflicht. Das Team an der Ausgestaltung des Ziels und der Umsetzung zu beteiligen, ist auch wichtig. „Betroffene zu Beteiligten machen“, sagt man. Wachrütteln, begeistern, Storytelling, aber auch Menschen Mensch sein lassen. Das sind alles Regeln, über die inzwischen viel Erfahrung vorliegt und die man kennen muss.
Im Titel Ihres Vortrags heißt es „richtige Entscheidungen treffen“. Was meinen Sie damit?
Die moderne Managementlehre hat eine Vielzahl von Methoden entwickelt, wie wir uns in unsicheren Zeiten optimal verhalten und entscheiden können und nicht in ein lähmendes Nichtstun verfallen. Hier wurde viel von den sogenannten Innovationsunternehmen wie Google oder Apple gelernt, die ständig neue Produkte entwickeln und zum Ziel haben, große Teile der Welt zu verändern.
Und diese Tools sind auch im Kleinen anwendbar, zum Beispiel bei den Entwicklungsschritten eines Dentalunternehmens. Was ich meine ist, dass in den großen Tech-Unternehmen zum Beispiel nach der östlichen Zielstrategie vorgegangen wird. Eine solche macht eher einen Zielkorridor auf, als ein fixes Ziel zu definieren. Das Problem - sowohl bei uns im Kleinen als auch im Silicon Valley - ist nämlich, dass wir heute eine Entscheidung treffen müssen für etwas, dessen Entwicklung beispielsweise zwei Jahre dauern kann. Wir wissen aber nicht genau, was wir in zwei Jahren benötigen, weil sich die Welt bis dahin verändert haben wird. Denken Sie nur an Chat GPT.
Also definiert man einen Zielkorridor und geht in die Zielrichtung in kleinen, aber supergenau geplanten Schritten, sogenannten Sprints. Nach jedem Sprint hebt man den Kopf, schaut sich um und entscheidet dann: Ok, wo stehen wir jetzt und was sind die nächsten richtigen Schritte von hier aus in unsere Zielrichtung? Das ist etwas komplett anderes, als ein Projekt ganz am Anfang über zwei Jahre durchzuplanen und dann zu merken, dass Stuttgart 21 wohl doch länger gedauert hat und etwas teurer wurde.
